Investitionskosten Pflegeschulen in freier Trägerschaft
HINTERGRUND
Schulen, die mit einem Krankenhaus verbunden sind, werden in Deutschland über das Krankenhausfinanzierungsgesetz (KHG) des Bundes refinanziert. Dabei verfügen die mit Krankenhäusern verbundenen Pflegeschulen nach KHG über einen Anspruch auf Investitionsförderung gegenüber dem Land. Somit haben nur Schulen, die im Krankenhausplan aufgenommen sind, einen Rechtsanspruch auf Investitionskostenförderung, während Pflegeschulen in freier Trägerschaft – je nach Bundesland – mit gänzlich fehlenden verbindlichen oder befristeten Regelungen konfrontiert sind, sprich Billigkeitsleistungen. Die Ausgestaltung der Länder im Hinblick auf Höhe und Inhalt der Regelungen weichen eklatant voneinander ab, was neben finanziellen Wettbewerbsnachteilen gleichzeitig weniger Planungssicherheit für diese Schulträger und damit ggf. Zurückhaltung bei einem weiteren Engagement zur Schaffung neuer (notwendiger) Schulstandorte bedeutet.
Die Zahl der Plätze an Pflegeschulen sowie die Anzahl der Pflegeschulen entscheiden in hohem Maße darüber, wie viele Menschen eine Tätigkeit in der Pflege als Fachkraft und Assistenzkraft aufnehmen können. Seit Einführung des Pflegeberufegesetzes hat sich die Anzahl der Pflegeschulen gerade einmal um +5,7 Prozent (von 1.267 auf 1.339 Pflegeschulen) erhöht, das Ziel einer 10-prozentigen Steigerung der Anzahl der Auszubildenden wurde weit verfehlt (Auszubildende 2019/2020: 150.192 ggü. 2023: 146.880 = -2,2 Prozent). Dabei ist insbesondere der Ausbau einer flächendeckenden Pflegeschulstruktur für die Hebung weiterer Potentiale von an der Ausbildung interessierten Personen (z. B. für Auszubildende in ländlichen Regionen oder Mütter) maßgeblich, da der regionale Raum zur Gewinnung von ausbildungsinteressierten Personen, gem. der Erhebungen von Prof. Dr. Michael Isfort und Prof. Dr. Thomas Klie im Rahmen des Monitorings Pflegepersonal in Baden-Württemberg 20221, bei 20 Kilometern liegt. Dennoch gibt es noch zu viele Regionen in Deutschland ohne ein flächendeckendes Pflegeschulnetz.
Wie notwendig der Ausbau der Pflegeschulkapazitäten im Kontext der Personalsicherung in der Pflege jedoch ist, zeigen diverse Studien wie z. B. jüngst der DAK-Pflegereport 2024. Er beziffert den Ersatzbedarf in den kommenden zehn Jahren mit ca. 20 Prozent, was bei 1,25 Mio. Beschäftigten in der Pflege einen Nachbesetzungsbedarf von ca. 250.000 Beschäftigten bedeutet. Bereits Ende der 2020er Jahre werden zudem in den ersten Bundesländern wie z. B. Bayern, Bremen und SachsenAnhalt die ersten Kipppunkte erwartet, was bedeutet, dass Austritte aus dem Pflegeberuf nicht mehr durch AbsolventenInnen von Pflegefachschulen ersetzt werden können.
Zur Schaffung eines flächendeckenden Schulangebots und damit der bestmöglichem Potentialhebung ist daher eine Angleichung der Finanzierung der Investitions- und Mietkosten für Pflegeschulen in freier Trägerschaft an die gesetzlichen Regelungen der Pflegeschulen in Anbindung an Krankenhäuser,
auf Basis folgender Parameter notwendig:
• Orientierung der Fördervolumen auf Grundlage der tatsächlichen Zahl der Auszubildenden je Kalenderjahr
• Zugrundelegung der tatsächlichen Raumkosten je Schule bei der Förderhöhe, die die marktrelevanten, regionalen Preisunterschiede bei Anmietung bzw. Instandhaltung von Räumlichkeiten berücksichtigt
• Refinanzierung der Raumkosten, bei vorhandenen Anforderungen, z. B. im Hinblick auf einen vorgegebenen Flächenbedarf je Azubi
• ggf. jährliche Anpassung der Raumkosten in Abhängigkeit der Indexmieten
• Rechtssicherheit: Regelung per Gesetz oder Verordnung, die Rechtsanspruch garantiert.
Ziel muss die nachhaltige wie vollständige Finanzierung der Investitionskosten für Pflegeschulen in freier Trägerschaft in allen Bundesländern sein, um Anreize für ein weiteres und nachhaltiges Engagement zur Schaffung weiterer Pflegeschulen zu setzen und gleichzeitig die Sicherheit für die bestehenden Pflegeschulangebote, den deutlich gestiegenen Investition- und Mietkosten dauerhaft begegnen zu können.
• Ausbildung darf nicht träger- und standortabhängig sein, sondern wird bundesweit zu einheitlichen Bedingungen benötigt!
ZUSAMMENGEFASST
Die Regelungen der Bundesländer sind sehr inhomogen, zusammengefasst lassen sich folgende Erkenntnisse festhalten:
GESETZLICHE REGELUNG
• Gesetz (Hessen, Mecklenburg-Vorpommern, Rheinland-Pfalz, Sachsen und Thüringen)
• Verordnung (Bremen, Niedersachsen, Sachsen-Anhalt)
• Richtlinie (Bayern, Berlin, Hamburg, Nordrhein-Westfalen, Saarland, Schleswig-Holstein)
• Verwaltungsvorschrift (Baden-Württemberg)
• gänzlich ohne schriftliche Regelung (Brandenburg)
LAUFZEITEN
Die Laufzeiten sind ebenso unterschiedlich, von unbefristeten Regelungsmomenten, über auslaufende Richtlinien per 30.03.2024 bis hin zum 31.12.2030. Während sich die Pflegeschulen in freier Trägerschaft im jeweiligen – unbefristeten – Schulgesetz bzw. Gesetz über Schulen in freier Trägerschaft der Bundesländer Mecklenburg-Vorpommern, Rheinland-Pfalz, Sachsen und Thüringen wiederfinden, ist das Hessische Gesetz zur Finanzierung von Pflegeschulen wie die in den anderen Bundesländern abgeschlossenen Verordnungen, Richtlinien etc. befristet angelegt.
BESONDERHEITEN
Trotz Gesetzen sind für Pflegeschulen in freier Trägerschaft insbesondere die Regelungen in Mecklenburg-Vorpommern, Rheinland-Pfalz, Sachsen und Thüringen wenig wirksam und geeignet. Während Thüringen wie Sachsen zumindest im Rahmen des Thüringer bzw. Sächsischen Gesetz über Schulen in freier Trägerschaft eine Regelung zur Investitionskostenförderung von Pflegeschulen in freier Trägerschaft eingearbeitet haben, sind die Regelungen für Mecklenburg-Vorpommern und Rheinland-Pfalz kaum dem Zweck dienlich. Gesonderte gesetzliche Regelungen für die Investitions- und Mietkostenförderungen gibt es in beiden Ländern derzeit nicht. Der VDP Nord e.V. und die kommunalen Gebietskörperschaften fordern dies für das Land Mecklenburg-Vorpommern bereits seit 2020 ein. Weitere Herausforderung in Bayern, Rheinland-Pfalz, Sachsen und Thüringen ist, dass eine Förderung nur unter der Voraussetzung stattfindet, dass die Pflegeschule in freier Trägerschaft auf gemeinnütziger Grundlage arbeitet. Zudem greift in Teilen die Förderung erst nach einer 3-jährigen Wartefrist nach Aufnahme des Unterrichts. Daher werden Pflegeschulträger – trotz einer in Bayern wie Thüringen grundsätzlich sehr positiven Förderregelung im Hinblick auf die Förderhöhe – ein Engagement eher unterlassen.
HÖHE DER ZUWENDUNG
Die Höhe der Zuwendung bemisst sich je nach Bundesland
• anhand der Anzahl der Auszubildenden für die eine jährliche oder monatliche Pauschale gezahlt wird,
• anhand von Pauschalen je qm Nutzfläche pro Schuljahr, teilweise unter Berücksichtigung von regionalen Verhältnissen,
• für das Vorhalten der erforderlichen allgemeinen Räumlichkeiten wie Unterrichts- und Klassenräume, je nach Größe der Schule bzw. Anzahl der Klassen bis hin
• zur Übernahme der Kosten der Nettokaltmiete, beschränkt auf die ortsübliche Vergleichsmiete und in der positiven Spitze erfolgt
• die Übernahme der 100-prozentigen Jahresnettokaltmiete.
Dabei weichen die Beträge in einer solchen Deutlichkeit voneinander ab, als dass auf dem ersten Blick sichtbar wird, dass die Förderungen in großen Teilen nicht auskömmlich sein können. Diese Diskrepanz soll zur besseren Sichtbarkeit an einem BEISPIEL dargestellt werden.
Eine deutsche Pflegeschule bildet gem. der Statistik nach der Pflegeberufe-Ausbildungsfinanzierungsverordnung 2023 im Durchschnitt 110 Auszubildendeaus.2 Dabei wird je Auszubildenden eine Fläche von 5,75 qm angenommen3, so dass die Pflegeschule über ca. 632,50 qm Schulfläche verfügt. Die Kaltmiete pro qm wird mit 10,50 Euro angesetzt4, woraus sich
• eine jährliche Kaltmiete von 79.695 Euro und
• eine notwendige Refinanzierung von 724,50 Euro je Auszubildenden p.a. ergibt.
Die Refinanzierung wird von den Bundesländern wie folgt sichergestellt, beginnend mit best case, endend mit worst case: (öffnen Sie dazu bitte folgende Datei)
1 https://www.baden-wuerttemberg.de/fileadmin/redaktion/m-sm/intern/downloads/Publikationen/Monitoring-PflegepersonalBW_2022.pdf s. S. 8 / S. 152.
2 Statistik nach der Pflegeberufe-Ausbildungsfinanzierungsverordnung (2023), 146.880 Auszubildende und 1.339 Pflegeschulen = Ø 109,70 Auszubildende/Pflegeschule
3 Der Wert wurde auf Basis der Vorgaben der Länder mit qm-Vorgaben (BaWü, BY) und den Ø-qm-Werten bekannter Pflegeschulanbieter ermittelt.
4 Basierend auf den Ø-Werten der Kaltmieten bekannter Pflegeschulanbieter
Hier können Sie das ganze Positionspapier auch als PDF herunterladen: